

Psychoonkologie - Weil Brustkrebs auch die Psyche betrifft - Teil 2
1. Nachsorgephase/“Leben danach“
Was sowohl von den behandelnden Mediziner:innen als auch von nahestehenden Angehörigen der/des Patientin/-en sehr häufig unterschätzt wird, ist das Ausmaß der psychischen Belastung nach Ende der Therapie. Hier wird meist davon ausgegangen, dass Erleichterung und pures Glücksgefühl vorherrschen und sehr rasch der vertraute Alltag aus der Zeit vor der Diagnose wieder fortgesetzt werden könne. Doch für den Großteil „ehemaliger Krebspatient:innen“ beginnt erst jetzt die psychische Verarbeitung des Erlebten. Davor gab es durch die medizinischen Termine und das Nebenwirkungsmanagement auf körperlicher Ebene kaum Raum dafür. Sie erleben nun häufig einen unberechenbaren „Wellengang der Gefühle“, sind durch Kleinigkeiten überfordert und sehnen sich nach der Gewissheit, dass nun das Kapitel Krebs überstanden und ein für alle Mal abgeschlossen sei. Doch auf die Frage „Bin ich jetzt gesund?“ gibt es, je nachdem, wen man fragt, andere Antworten. Dazu kommt, dass das vertraute Sicherheitsnetz vom onkologischen Team, das die/der Patient:in alle paar Wochen in der Tagesklinik gesehen hat, wegfällt und es stellt sich die Frage: „Wer passt nun auf, dass ich gesund bleibe?“
Der Umgang bei körperlichen Beschwerden (Husten, Kopfschmerzen, oÄ.), wo früher mit einer Gelassenheit darauf reagiert wurde „Wird schon nichts sein, vergeht sicher durch Schonung wieder von selbst“, ist bei vielen ehemals Betroffenen durch die Erfahrung stark verändert. Gerade in den ersten zwei Jahren nach der Erkrankung ist der erste Gedanke häufig die Sorge, ob das aktuelle „Symptom“ mit der damaligen Krebserkrankung in Zusammenhang stehen könnte (Angst vor Metastasierung). Auch Nachsorgetermine stellen für viele ehemals Betroffene in der Anfangszeit nach Therapieende eine emotionale Herausforderung dar.
Dies ist lediglich ein Auszug dessen, mit welchen Hürden, Herausforderungen und Zusatzbelastungen die Betroffenen neben den körperlichen Beschwerden konfrontiert werden und wie sie durch ihren jeweiligen Umgang damit ihre eigene, höchstpersönliche „Held:innengeschichte“ daraus gestalten können.
Etwa 1/3 bis 1/2 der Betroffenen nimmt übergangshalber psychoonkologische Begleitgespräche in Anspruch, um sich hilfreiche Tools im Umgang mit Diagnose/OP/Chemotherapie/Ängste in der Nachsorgephase zu holen. Austausch mit Vertrauenspersonen und/oder eine onkologische Rehabilitation können ebenso als unterstützend und stärkend erlebt werden. Abschließend noch ein Satz, den ich jeder/jedem Patientin/-en in meiner Praxis mitgebe:
Wir haben die Wahl, ob wir uns über die Erkrankung definieren und uns als Opfer der Umstände sehen oder ob wir stolz auf unsere Leistung sind und uns als Held:in feiern!
Autorin:
Mag. Theresia Rosner-Seifert
Klinische Psychologin, zertifizierte Psychoonkologin
Sinnzentrierte logotherapeutische Beratung nach Viktor Frankl
www.rosner-seifert.at