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Mag. Ute Riedlmair 01.10.2025

Kunsttherapie bei Brustkrebspatient:innen

Kunsttherapie bzw. Mal- und Gestaltungstherapie versteht sich als ein prozessorientiertes und eigenständiges Therapieverfahren, das auf der analytischen Psychologie nach C.G. Jung beruht und auf tiefenpsychologische und systemische Ansätze zurückgreift.

Im Zentrum stehen die Bild- und Gestaltungsarbeit, wobei der Prozess selbst, d.h. die Art und Weise, wie das Bild entsteht, und welche Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen dabei auftauchen, entscheidend sind. Farben und Symbole, die im Prozess auftauchen, sind Ausdruck der inneren Welt und des Unbewussten. Ziel ist es dabei nicht, schöne Kunstwerke zu schaffen, sondern durch die symbolische Sprache des Malens und Gestaltens tiefere Einblicke in die eigene Psyche zu gewinnen, Selbstheilungsprozesse anzustoßen und die Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.

Kunsttherapie bzw. Mal- und Gestaltungstherapie ist für alle Menschen geeignet, unabhängig von ihrem Alter, ihrem Gesundheitszustand oder ihrer künstlerischen Erfahrung. Sie eignet sich besonders zur Behandlung von Menschen in belastenden Situationen, wie zum Beispiel bei schweren Erkrankungen, da in diesen Fällen häufig Worte zur Verarbeitung von Gefühlen und belastenden Emotionen fehlen oder einfach nicht ausreichen.

Sie ist begleitend zur medikamentösen Therapie in allen Phasen einer Erkrankung wirksam – von der Diagnose beginnend über die Behandlung bis zur Nachsorge.

Die Wirksamkeit der Mal- und Gestaltungstherapie bei Brustkrebs

„In den vergangenen Jahren wurden vermehrt Studien mit Krebspatient:innen durchgeführt, um die Wirkung der Kunsttherapie auf den Krankheitsverlauf zu belegen. Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Kunsttherapie zur Steigerung des Wohlbefindens beitragen und Krankheitsbeschwerden verringern kann. Die Kunsttherapie kann Sicherheit in einem geschützten Raum bieten und Betroffene stärken, sich der Krankheit mit all ihren Herausforderungen zu stellen – in Zusammenarbeit mit den Therapeuten.“1

Es konnte auch gezeigt werden, „dass die Kunst- und Musiktherapie beispielsweise bei Krebspatient:innen zu einer Verringerung der Schmerzintensität, zur Abnahme von Angst und Spannung, zur Verbesserung der körperlichen Befindlichkeit und der Leistungsfähigkeit, zur Mobilisierung der Selbstheilungskräfte und zur Unterstützung der Copingmechanismen, zur Verbesserung von sozialer Integration und Lebensqualität sowie unter Umständen auch zu einer Reduktion von Übelkeit beiträgt“.2

Auf welche Weise kann die Therapie helfen, mit den emotionalen Belastungen einer Brustkrebserkrankung umzugehen?  

„Viele Onkologiepatient:innen erfahren ihre Diagnose als traumatisches Erlebnis, in dem die Zeit ihre Bestimmung verliert. Es gibt kein Vorher, kein Nachher, nur „Nichts“. Sich und seine Gefühle wieder zu spüren, seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen, ob Wut, Angst, Verzweiflung – bunt, schwarz-weiß, mit Collagen, mit Ton, Finger- und Ölfarben oder Pastellkreiden – dazu kann Kunst- und Gestaltungstherapie verhelfen.“3

Ein weiterer positiver Effekt der Kunsttherapie ist der sogenannte „Flow-Effekt“; das bedeutet, dass man beim Malen und Gestalten alles um sich herum vergisst, in seiner Beschäftigung vollkommen aufgeht und dabei Glücksgefühle erfahrt. Dies sind die Momente, die Kraft und Freude spenden und wo Sorgen und der innere Dialog verstummen, was wiederum als Schutzschild gegen psychische Probleme wie Depressionen und Angstzustände wirken kann.

Meine Botschaft an alle Patient:innen ist daher: lassen Sie sich nicht vom Begriff „Kunsttherapie“ oder „Mal-und Gestaltungstherapie“ abschrecken, man muss dafür nicht malen können. Vielmehr geht es darum einen, begleitet durch eine Kunsttherapeutin / einen Kunsttherapeuten einen Ausdruck für Erlebnisse oder Emotionen zu finden und dies im Anschluss therapeutisch zu reflektieren.

Aktuell arbeite ich in einem Tageshospiz als Kunsttherapeutin und höre immer wieder, wie sehr den Patient:innen die Kunsttherapie als Beschäftigung mit dem eigenen Selbst, mit den eigenen Stärken und Fähigkeiten guttut. Sie wird als sinnstiftend und freudvoll empfunden. Und aus Erfahrung kann ich sagen, dass die dabei entstandenen Werke umso schöner sind, da sie aus dem inneren Erleben entstehen. Lassen Sie sich überraschen, wie viel Freude Kunsttherapie macht und wie gut sie wirkt.

Mein Wunsch wäre es, wenn Kunsttherapie allen Patient:innen ermöglicht wird, vor allem nach der Diagnose, aber auch im weiteren Verlauf der Erkrankung da sie Kraft und Hoffnung, sowie Lebensfreude spendet.

Autorin:
Mag. Ute Riedlmair
Dipl. Mal- und Gestaltungstherapeutin, Kreativtrainerin
Lebens- und Sozialberaterin
psychosoziale Beratung
www.sinnbilder.eu

  

1info@die-wertvollen-momente.de: Mit Kunsttherapie Lebensqualität bei Krebs steigern
https://www.die-wertvollen-momente.de/blog/leben-mit-krebs/mit-kunsttherapie-lebensqualitaet-bei-krebs-steigern
Zugriffsdatum: 02.09.2025
2Hampe, R., (2013). Die Förderung therapeutischer Prozesse bei Brustkrebs Patienten durch Kunsttherapie Ruth Hampe, pp533-543
3Kunsttherapie als Unterstützung der Krebstherapie: Wenn die Seele malt
https://selpers.com/blog/kunsttherapie-krebs/
Zugriffsdatum:02.09.2025

Weiterführende Literatur:
ARTECURA, G. O., & Bärlocher, S. Wissenschaftliche Forschung in der Kunsttherapie–Evidenz und Highlights.
Menninghaus, K., & Sinapius, P. (2010). Kunsttherapiestudie: Möglichkeiten der Krankheitsbewältigung bei Krebs. Musik-, Tanz und Kunsttherapie